Der Wahnsinn hat einen Namen

Ein mutiger Haufen zukünftiger Abituranwärter versammelte sich jenen Tages vor Raum 023 am A....(...anderen Ende) der Schule in Erwartung des oft prophezeiten und teilweise am eigenen Leib bereits erfahrenen ganz normalen Wahnsinns, der ihnen durch die Buchstaben OL auf dem ausgeteilten Lehrerzuteilungsbogen beschert worden ist. Nach einigen harten und blutigen Kämpfen (siehe Narbe an Schunn´s Daumen) mit fußballspielenden Sextanern bahnte sich eine kleine, im Zwergengewimmel der Sextaner noch schwer auszumachende Gestalt seinen Weg. (Dies dauerte seine Zeit. Entweder weil die mangelnde Autorität des Lehrkörpers ausschlaggebend für das Nichtbeachten desselbigen war, was man ausschließen kann, oder die Person wurde einfach im Eifer des Gefechts als Spielkamerad identifiziert, was eher zutreffen müsste.) Endlich bei uns angekommen, wurden erst einmal mit zweifelnden Blicken altbekannte Gesichter gesucht. Als die ersten entdeckt wurden, begrüßte er diese mit einem, wahrscheinlich lieb gemeinten Schlag gegen die Schulter. (Dieses Verhalten ist vielleicht mit der Tatsache  zu erklären, daß Herman the German aus einem einsamen Berg- und Walddorf stammt, was ebenfalls den Bananenkonsum erklären  könnte, und er dies als Begrüßungsritual gewohnt ist.) Das „Schulterklopfen“ setzte sich so lange fort, bis er zurückgeschlagen wurde. Es entwickelte sich ein Schlagabtausch, bis schließlich der Herminator nachgebend den Weg zum Schlüsselloch ins Visier fasste. Wie durch ein Wunder verlief alles reibungslos bis Herr Olbert mit Entsetzen die Ausrichtung der Tafel in unserem Loch bemerkte: "Ich hab noch nie nach Osten unterrichtet. Das ist ja ein Wahnsinn hier. Mein Gleichgewichtssinn ist hangorientiert - Jetzt ist das alles verkehrt herum. Erst mal zum Kennenlernen: Ich bin sehr berühmt an dieser Schule. Für die, die mich aufgrund einer Verbannung oder langjähriger Krankheit dennoch nicht kennen sollten - Ich hab einen großen Namen: Olbert. Matthias wiederhole!" "Olbert"  "Richtig!" Der kleine Mann mit dem großen Namen nimmt darauf hin Anlauf und schleudert seine Lehrertasche mit einer schwungvollen Bewegung auf das Pult. Es folgt eine kaum zu beschreibende Abfolge hektischer Bewegungen mit dem Ziel, seine Arbeitsutensilien in der richtigen Reihenfolge aus der Tasche zu nehmen. Hierbei muß die Tasche in verschiedenen Positionen mehrmals auf und wieder zu gemacht werden, bevor man das erste Utensil herausholen darf. Dabei handelte es sich meistens um ein kleineres Buch, daß ebenfalls mehrmals aus der Tasche herausgenommen und wieder hereingesteckt wurde. Diese Prozedur wiederholt sich mit allen Dingen, die früher oder später etwas mit dem Unterricht zu tun haben werden. Dabei gilt es die entsprechenden Dinge in die bereits über der Tasche kreisenden wartenden linken Hand zu schleudern und dann mit einem schielenden Blick auf Unterrichttauglichkeit zu untersuchen. Je nach Ergebnis wird das Utensil wieder zurück in die Tasche geschmissen oder zur Verwendung auf dem Pult bereit gehalten. Durch dieses Verfahren ist eine Mehrfachprüfung des ein und des selben Utensils nicht auszuschließen und somit auch oft vollzogen. Da dies alles wohl ein wenig zu anstrengend geworden ist, erleichtert sich Herr Olbert erst einmal um ein paar Kleidungsstücke, die sich zur Tasche gesellen dürfen. Dabei entpuppt sich ein geheimnisvolles, unsichtbares Kleidungsstück als Intimfeind des Lehrkörpers. Dieses blitzte immer kurz hinter seinen Schultern auf, um genau so schnell wieder zu verschwinden und den Zorn der Person auf sich zu ziehen, der diese Aktivität selber durch extreme Beanspruchung des besagten Kleidungsstückes auslöste, in dem er in Brusthöhe mit den Daumen hinter den vorderen Teil drang um diesen so weit wie möglich von seinem Körper zu entfernen, damit die Wirkung des „Flitschenlassens“ so  eindrucksvoll wie möglich wird. Nur übertrieb er diesen Ausdruck geballter Männlichkeit, so dass sich die Befestigung dieser expandierenden Tragehilfe am Rücken löste und angesprochene Konsequenzen zur Belustigung des Kurses folgten. Da ihm das schweigende Schafen nicht sehr behagt, hält sich der Lehrer an das Kursbuch, mit dem er sich in die von ihm so beherrschte Redseligkeit flüchtet. „Breidenbach, Julia: Interessant, die Mutter der Kompanie ist auch wieder da; Geisbüsch, Andreas“ (David:) „Toll, danke.“ „Oh, entschuldige ja: David (dt.Aussprache)“ „Nein, nein: David (eng. Aussprache)“ „Es war mir klar, dass du kein Mann der Bibel bist. Haimann, Michaela; Meike Hachtel, alte Schachtel (normalerweise Hartel, dichterischer Freiheit des „großen“ Künstlers) Hauck, Sarah Ohara von Thara, Krämer, Susanne; Müller, Matthias: wir kennen uns ja bereits aus vier Jahre langer Gefangenschaft aus der Mittelstufe; Schmitz, Michael; Schunn, Tobias: Alter Schwede, biste schunn wieder da? Schwall, Stefan: Schwall mir das Lied vom Tod; Stein, Dennis: Hast du nen Vater der Manfred heißt? „Nee!“ „Macht nix, kann ja noch werden. Ternes, Stefan; Thelen, Nadine: Hast du was mit der Gastwirtschaft zu tun?“  Ja.“ „Du bist mir direkt sympathisch. Wunderlich, Christian: Du wunderst dich. Zernig, Stefanie: Mach mich bloß nicht zernig.“

Nach solch anstrengendem Vortrag muß erst einmal die Frischluftgier des Mannes gestillt werden. Dabei widersetzte sich todesmutig ein Fenster seinen Wünschen und verharrte eisern im geschlossenen Zustand, was uns frierende Schüler freute, jedoch den Maestro zu tiefst kränkte und dieser somit die bösesten Blicke in die Richtung des Fenster warf. Doch zu seiner Freude setzte sich ein Schüler, der seine Kampfbereitschaft mit einem, um den Hals gehangenen Schwert bereits zum Ausdruck brachte, besonders ein und war von dem Tage an der spezielle Liebling des Herrn Olberts. „Jawohl Stein, wer so ´nen harten Namen hat, muß auch das Fenster aufkriegen! Rocky 6 – Das Fenster.“ Mit stolz geschwellter Brust marschiert er nun so weit, bis sein Weg durch ausgestreckte Kackstelzen achtlos versperrt wurde. Als dieses unverschämte Hindernis nach mehrmaligem Zutreten (man wollte wohl nicht glauben, dass ein einfacher Schüler eine solche Dreistigkeit an den Tag legen könnte und prüfte daher vorliegenden Fall eingehenst) immer noch vor ihm lag, unterstrich er seine körperlichen mit verbalen Attacken: “Müller, zieh dein Fahrgestell ein, sonst tret’ ich da drauf und es bleibt nur noch ein Fettfleck übrig! Sei lieber froh, daß deine Beine noch genau bis zum Boden reichen.“ Plötzlich klopft es an der Tür: „Schmitz, geh gucken wer da was will!“ Schmitz öffnet die Tür: „Hier ist keiner.“ „Ja klar, dann erklärt es sich auch, warum es geklopft hat.“ Es klopft erneut. Voller Tatendrang stürmt „der Meister aller Klassen (5-13)“ nach draußen „Zeit zu leben – Zeit zu sterben!“ und kommt ein paar Minuten später wieder. „Den Pans könnt ihr im Salzstreuer wegtragen!“ Von der Arbeit zurückgekehrt, folgt wieder eine minutenlange Alleinunterhaltungsshow, die nur, ganz zum Unmut des Redners, durch wilde Hustenanfälle gestoppt wurden. „Irgend ein Rotzkopp bläst  immer dazwischen. Ey Schwall, hör uff. Hast´e keine Angst? Da kommt schon Hirn mit. Wahnsinn, es ist nicht zu fassen. Die schönsten Sätze kotzt ihr mir kurz und klein.“ Während seiner Redeschwälle legt Herr Olbert unzählige Kilometer zurück und untermauert seine Aussagen mit Faustschlägen auf Tische, seinen Hosenbund oder auch auf Schüler, was ihm besonderen Spaß zu machen schien. Als Test, ob seine gehobenen Worte auch jeder beköppt hat und ob es auch ein jedem gefallen hat, sah er sich gezwungen nachzufragen. „Na Sarah, Beköppt? Cool, wa? Affentittengeil würdet ihr sagen, aber da irrt ihr euch, denn Affentitten sind nicht geil!“ Damit sich Herr Olbert seiner Butterramme widmen konnte, stellte er uns eine Aufgabe, die wir sofort zu bearbeiten hatten. Dabei bemerkte er die teilweise außergewöhnlichen Schreibstile, wobei sich eine Schülerin ganz besonders hervortat. “Weih, Michaela, brech dir nicht den Arm. Das hat ja schon spastische Züge bei dir. Du schreibst ja bald mit Knochenmark. Volle Möhre!“ Beim Vorlesen sollte sich dann herausstellen, dass die meisten von uns nur die etwas billigeren Stotterausgaben angeschafft hatten.

Nachdem wir den „herrlichen Gong“ abgewartet hatten, waren wir um einige Frostbeulen und viele blaue Flecken reicher. Aber man konnte sich bereits auf die nächste Stunde mit Hermann Olbert freuen.

„Bleibt brav, betet weiter der liebe Gott könnte täglich kommen, nämlich ICH!

What shells. Ex un hopp- POINT!“

Auch wenn uns der Salzstreuer erspart geblieben ist, hat jeder von uns sein Fett weg bekommen. Allerdings nahm man das, so wie die nicht gerade überragenden Noten sehr gerne in Kauf, da die Deutschstunden die mit Abstand witzigsten der gesamten Oberstufenzeit waren und eine willkommene Abwechslung zu den größten Teils langweiligen und stocksteifen Unterrichtsstilen anderer Lehrer war.

Christian Wunderlich

 

 

Olbert auf einer Kappensitzung

 

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